Gedanken zum Monat
Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gäste,
vielleicht haben Sie es schon gehört: Am Dienstag, dem 29. Oktober, feiern wir um 18.30 Uhr die letzte Heilige Messe in der Kirche des St. Josefsheims. Schwester Lioba, Schwester Maria Claudia, Schwester Simone und Schwester Ana Teresa verlassen uns und ziehen nach Ludwigsburg-Hoheneck. Was wird aus dem großen Anwesen? Wir wissen es nicht.
Wir feiern Eucharistie und danken Gott für das Wirken der Schwestern in der langen Zeit, für alles Gute, das von diesem Ort ausgegangen ist. Vor 133 Jahren hat Anna Maria Tauscher mit einem kleinen Kinderheim, mit drei Kindern und einer Helferin, begonnen. Sie hatte das Vertrauen, dass es Gottes Werk ist und wurde als Mutter Maria Teresa vom hl. Josef die Ordensgründerin der Karmelitinnen vom Göttlichen Herzen Jesu, die in 20 Ländern tätig sind. Aus dem kleinen Anfang wurde das „rote Haus“, von dem sie träumte, eine „Heimat für heimatlose Kinder“. Als Mutter Maria Teresa 1938 starb, hatte sie 58 Häuser mit 1000 Schwestern und 10.000 Kindern gegründet.
„Die Pappelallee“ wurde eine Oase: Kinderheim mit 5 Abteilungen, Kindergarten, seit 1943 (als ein nahe gelegenes Altersheim kriegszerstört war) Seniorenheim (bis 2019), Dienstgebäude für den Gesamtverband der katholischen Kirchengemeinden, für den Apostolischen Visitator der Ukrainer und kurzzeitig für das Bischöfliche Ordinariat. Von 1962 bis 1992 bestand hier das „Bischöfliche Bildungsheim“, ein Ort, wo der Caritasverband Aus- und Weiterbildungen veranstaltete, ein Refugium, wo sich Priester, Ordensgemeinschaften, Akademiker, Oberschüler und verschiedenste Gruppen aus der ganzen DDR trafen, ein Ort der freien Begegnungen zwischen Ost und West in einer geteilten Stadt und einem zerrissenen Land. Die Schwestern sorgten für Sakristei, Küche und Wäsche. 1908 entstand auf dem Gelände die „Notkirche“ für die inzwischen gegründete Gemeinde Heilige Familie; später wurde sie auch von den Italienern und den griechisch-katholischen Ukrainern genutzt.
Für all das, was hier an Leben, an Glauben, Hoffnung und Liebe gewachsen ist, danken wir Gott.
Als Mutter Maria Teresa am 13. Mai 2006 in Roermond selig gesprochen wurde, war eine große Gruppe unserer Gemeinde dabei. Damals sagte Kardinal Simonis: „Jeder Mensch ist, genau betrachtet, ein großes Geheimnis, das über sich selbst hinausweist. Jeder Mensch ist eine absolut einmalige Person, mit einem ganz eigenen Charakter und Temperament, einem ganz eigenen ‚Ich‘. Aber im Grunde bleiben wir uns doch ein Rätsel, weil wir uns nicht selbst entworfen haben… Von Ewigkeit her hat Gott gewollt, dass ich bestehen soll und Er hat mit meinem Leben eine Absicht.“ So stellt sich auch uns die Frage: Wer bin ich? Was ist meine „Mission“? Wo ist unser Platz als Christen heute?
Gemeinsam mit den Mitarbeitern grüßt Sie,
Ihr Pfarrer Dr. Michael Höhle