Gedanken zum Monat
Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gäste,
vielleicht wird mancher von Ihnen über das Titelbild unserer „Pfarrnachrichten“ den Kopf schütteln: Grau in Grau. Aber ist unser Alltag nicht oft so: grau? Aufgaben, an denen wir uns abarbeiten, Probleme, die immer wiederkommen, die tristen Nachrichten, die mich herunterziehen… Auf dem Bild: wirre Linien, die kein Ziel haben. Etwas hebt sich vom Grau ab: die Farbe der Gesichter. Jedes Menschenantlitz ist etwas Besonderes: das glatte Gesicht eines Kindes, die hübschen Gesichter junger Menschen, das Gesicht des alten Menschen – man kann darin lesen. Darüber: ein wenig vom Blau des Himmels. Wenn es diese Aussicht nicht gäbe – den Blick ins Weite! „Herr, deine Güte reicht so weit der Himmel ist, deine Treue so weit die Wolken ziehen“, heißt es im Psalm 36.
Schließlich findet sich auf dem Bild das Goldgelb des göttlichen Lichtes – mitten im Alltagsgrau. So müssen es die Hirten von Betlehem erfahren haben. Für mich ist das Bild ein Suchbild. Es sagt mir: Weihnachten stellt sich nicht von selbst ein, auch wenn das Datum im Kalender steht. Aber Weihnachten geschieht. Mach die Augen auf für den Himmel über dir, für die Gesichter, die du siehst. Lies in ihnen. Und nimm wahr, wo Gottes Liebe in kleinen Gesten mitten unter uns ist.
An Weihnachten beginnt das Heilige Jahr 2025. Als kürzlich eine Familie unserer Gemeinde nach Rom fuhr, bat ich sie, die Heilige Pforte zu fotografieren, die dann geöffnet wird. Ich bat, vor allem das Bild der Geburt Christi aufzunehmen. Die Antwort: Aber da gibt es kein Weihnachtsbild! Ist es vergessen worden? Wohl kaum. 16 Reliefs auf der Tür bilden die Heilsgeschichte ab von der Genesis bis zur Bekehrung des Paulus. Dargestellt sind Begegnungsgeschichten, die vom Verlieren und Wiederfinden handeln. Wir verlieren das Paradies: die Freude, den Frieden, die Nähe zu Gott, zu einem Menschen… Die Botschaft der folgenden Bilder: Die Menschen, die Jesus begegnet sind, finden das Verlorene wieder, sie erfahren: Gott ist der Barmherzige. Ich werde ganz und gar angenommen, werde heil. Im Grunde sind alle 16 Reliefs Weihnachtsbilder: Ich werde neu, neu geboren, Gott wird in mir neu geboren.
Wie möchte ich auf Weihnachten zugehen? Wie möchte ich das Heilige Jahr beginnen? Ich möchte das Alltagsgrau annehmen, aber nicht darin ersticken. Ich möchte aufblicken in die Weite des Himmels. Ich möchte in den Gesichtern lesen. Und ich möchte mich finden lassen von Gott, von den Strahlen seiner Liebe. Ich möchte sie gern weitergeben.
Eine gute Adventszeit, ein gesegnetes Geburtsfest des Herrn und ein von ihm geschenktes und geführtes neues Jahr wünscht Ihnen und allen, die zu Ihnen gehören, gemeinsam mit den Mitarbeitern,
Ihr Pfarrer Dr. Michael Höhle